Ein Blick in die Hochsensibilität

„Danke, ich könnte sie küssen. Da muss ich 40 Jahre alt werden bevor mein Spießroutenlauf ein Ende nimmt und ich endlich die Hilfe bekomme, die ich schon seit ich denken kann suche.“ Christina war schon immer ein wenig anders. In der Schule immer ein wenig Außenseiterin, weil ihr oftmals alles zu viel wurde und sie sich schlecht abgrenzen konnte. „Du bist halt vom Sternzeichen Zwilling und kannst in einer Sekunde zur nächsten vom Himmel hoch juchzend und dann zu Tode betrübt sein“, hatte ihre Mutter immer gesagt. Ihr Mann liebt sie, war sich ihrer Emotionalität immer schon bewusst und begleitete sie liebevoll auf ihrem Weg der Selbstfindung, wo sie oft an sich zweifelte und sämtliche Diagnosen von ADHS über Depressionen und Burnout in Betracht zog. Ein Kind brachte sie an den Rand ihrer empathischen Grenzen. Ihr Sohn war schon seit Geburt ein „Schreibaby“ und nachher in der Schule ein Kind, welches oft wegen Bauchschmerzen abgeholt werden musste und lange noch im Ehebett mitschlief. Vorm Schlafen grübelte er noch bis in die Puppen über Situationen, die ihn verletzt hatten und philosophierte über Gott und die Welt. Heute ist ihr Sohn neun Jahre alt. Christina ist hochsensibel und hat ihrem Sohn diese Gabe, die manchmal auch ein Fluch sein kann, weitervererbt. Beide wissen, wie herausfordernd diese Charaktereigenschaften, die sich als Hochsensibilität zusammenfassen lassen, sein können. Hochsensibilität bedeutet, dass die Betroffenen Sinnesreize intensiver wahrnehmen und verarbeiten. Dies kann sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern auftreten und zu einer Überflutung durch Geräusche, Gerüche und Gefühle führen. Christina empfindet ihre Hochsensibilität als anstrengend, da sie sich oft durch Stimmungen anderer Menschen in ihren Rollen als Mutter, Karrierefrau oder Ehefrau überfordert fühlt. Auch Steffen kämpft damit, denn laute Klassenzimmer und ständig neue Situationen machen ihm zu schaffen. Beide suchen nach Wegen, um besser mit ihrer Empfindsamkeit umzugehen.

Und so kommt es, dass Christina bei einem Familienfest Dr. Diana Kolb über den Weg läuft. Die 42 Jährige hochsensible Mutter zweier Kinder beschäftigt sich seit 2017 mit dem Thema der Hochsensibilität und hat ihre Leidenschaften zum Beruf gemacht. Lange Zeit arbeitete sie als Clownstherapeutin mit Kindern mit den unterschiedlichsten Diagnosen (in Einrichtungen für Kinder mit ADHS, Rehakliniken für Krebs und in Krankenhäusern auf der HIV-Station oder in einer Beratungsstelle für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten…) und promovierte im Fach Pädagogik. Sie beendete letztes Jahr ihre Zusatzausbildung zur systemischen Beraterin. Als sie 2018 ihre Emotionsschule (www.emotionsschule.de) in Bückeburg eröffnete, arbeitete sie anfangs mit Kindergruppen und Familien. Heute hat sie sich auf ambulantes Coaching und online Coaching spezialisiert. Somit hat man die Möglichkeit direkt am Ort des täglichen Geschehens eintauchen zu können und auch weiter entfernte Klienten können mit ihrer Hilfe an ihren Emotionen arbeiten. Hier arbeitet Dr. Kolb vermehrt mit hochsensiblen Menschen, aber es lassen sich auch Menschen unter ihren Klienten finden, die zusätzlich noch andere Diagnosen mitbringen oder überhaupt keine Diagnosen haben oder haben möchten und sich beraten lassen wollen, wie sie mit ihren Emotionen umgehen und resilient leben können. Anfang letzten Jahres traf Dr. Kolb dann über einen Flyer auf Ann-Katrin Fischer, die auch als Fachkraft mit hochsensiblen Menschen arbeitet. Es wurde ein Treffen arrangiert und sich begutachtet und schnell kam heraus, dass beide in ihrer Arbeit sehr gut harmonieren. Aus dieser Harmonie heraus entstand 2023 Ergolität. Ergolität beschreibt das Spektrum an Charaktereigenschaften einer Person und misst dabei kognitive, emotionale, soziale und physische Bereiche anhand eines Tests. Diese werden mit Hilfe der Testperson bewertet. In der Auswertung kann weiter zwischen Ressource oder Baustelle unterschieden werden, sodass sich ein Ergolitätswert für einen ausführlichen Bericht ermittelt. Anhand dieser Auswertung ist es der Person gezielt möglich, die persönlichen Baustellen wahrzunehmen und durch Hilfe der Ressourcen zu verringern und somit psychischen Krankheitszuständen vorzubeugen. Dem Bericht sind Alltagstipps beigefügt und auf Wunsch kann eine Empfehlung an Fachpersonen gestellt werden, sollte die Person oder die Eltern Schwierigkeiten haben diese Tipps umzusetzen. Daneben haben die Personen auch immer die Möglichkeit ein Coaching bei Dr. Kolb oder Frau Fischer wahrzunehmen, um zu lernen, wie sie selbstständig ihre Ressourcen nutzen und stärken können, um an ihren Baustellen selbstständig zu arbeiten, um einen resilienteren und zufriedeneren Lebensstil zu erreichen. Neben dem Coaching bieten Kolb und Fischer auch einen Treff für Hochsensible Eltern und Interessierte, wo einmal im Monat eine Informationsvermittlung und ein Austausch stattfinden kann. Denn Hochsensibilität sollte wieder als Gabe statt als Fluch empfunden werden und dafür setzen sich Kolb und Fischer in der Region und überregional ein. „Ich bin letzte Woche für die Testung von Christina und Steffen sogar nach Bremen gefahren“, berichtet Kolb und feiert mit Fischer erst einmal die Namensanerkennung ihres neuen Begriffes „ERGOLITÄT“.

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